Charles Darwin

Der Ausdruck von Emotionen hat sich stammesgeschichtlich entwickelt und hat somit eine erbliche Basis.

— Charles Darwin

1809 – 1882 | britischer Naturforscher

Evolutionspsychologische Emotionstheorie

1872 erschien Darwins Buch »The Expression of the Emotions in Man and Animals« (deutscher Titel: »Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren«). Das Hauptanliegen dieses Werkes war, die stammesgeschichtliche Herkunft des Ausdrucks von Emotionen nachzuweisen – mit besonderem Augenmerk auf den mimischen Ausdruck. Ihm geht es darum, die enge Verwandtschaft von Mensch und Tier nachzuweisen durch eine vergleichende Analyse von Emotionsausdrücken bei Menschen und Tieren.

Darwin versteht unter Emotionen bewusste mentale (psychische) Zustände von Personen und von höheren Tieren. Emotionen werden in der Regel durch kognitive Einschätzungen von Ereignissen oder Sachverhalten verursacht. Diese emotionalen Gefühle verursachen ihrerseits den Emotionsausdruck, der ein direkter äußerer Hinweis auf das Vorliegen eines Gefühls darstellt. Allerdings weißt Darwin darauf hin, dass dieses Anzeichen nicht unfehlbar ist, denn Personen können den Ausdruck willentlich kontrollieren. Für seine Forschung hat Darwin verschiedene Methoden angewendet, unter anderem die Beobachtung des Emotionsausdrucks von Kindern, Blindgeborenen und Geisteskranken.

Die kognitiven Grundlagen des Gefühls der »Schüchternheit« beschreibt Darwin besonders differenziert im Zusammenhang mit dem körperlichen Anzeichen des Errötens. Was den meisten Menschen in der Regel unangenehm ist, sah Darwin als die eigentümlichste und menschlichste Emotionsäußerung. Es wird durch drei psychische Zustände verursacht: Schüchternheit, Scham und Bescheidenheit. Das gemeinsame Element dieser drei Zustände ist Selbstaufmerksamkeit, womit Darwin den Gedanken daran meint, was andere von uns denken.

Der Emotionsaudruck hat organismische und kommunikative Funktionen. Unter der organismischen Funktion versteht man jene Wirkungen, die nicht über den Umweg der Kommunikation psychischer Zustände an Artgenossen zustande kommen. Zum Beispiel optimiert der Gesichtsausdruck der Überraschung die Informationsaufnahme, da sie den Wunsch verursacht, die Ursache eines Ereignisses so schnell wie möglich wahrzunehmen. Durch die kommunikativen Funktion von Emotionsausdrücken wird den Artgenossen etwas über den Zustand des Individuums mitgeteilt. »Die Ausdrucksbewegungen verleihen unseren gesprochenen Worten Lebhaftigkeit und Energie. Sie enthüllen die Gedanken und Absichten anderer wahrheitsgetreuer, als es Worte tun, die gefälscht werden können«. [Meyer/Schützwohl/Reisenzein 1999, 57]

[vgl. Meyer/Schützwohl/Reisenzein 1999, 37ff + Newmark]

Quellen:

Meyer, Wulf-Uwe/Schützwohl, Achim/Reisenzein, Rainer (1999): Einführung in die Emotionspsychologie. Band II. 2., korrigierte Aufl. Bern: Verlag Hans Huber.

Newmark, Catherine: »Charles Darwin: The Expression of the Emotions in Man and Animals«. In: Senge, Konstanze/Schützeichel, Rainer (Hg.) (2013): Hauptwerke der Emotionssoziologie. Wiesbaden: Springer VS. S. 85-88.